Montag, 8. Juli 2024

Deutschlandlauf 2018 - Gewitter an der Bregenzer Ache

Im Jahr 2018 lief ich einen 1113 km langen und weitgehend autarken Lauf mit allen Pausen in 31 Tagen, 1 Stunde und 46 Minuten von Mettlach im Saarland bis nach Berchtesgaden in Ostbayern.

Hier ein kleiner Auszug von meinem Buch dazu:

Bei Kilometer 638 geht es endlich von der lärmenden L4 weg in Richtung Bregenzer Ache. Eine schmale Bergstraße führt mich die drei Kilometer nach Bozenau tief zur Bregenzer Ache hinunter. Dort endet die Straße beim ehemaligen Bahnhof. Mein Weg folgt nun der ehemaligen Eisenbahntrasse durch die tief eingeschnittene Schlucht der Bregenzer Ache. Auf der ehemaligen Trasse verläuft heute ein gut ausgebauter Fahrweg mit feinem Schotter. Da es wegen der ehemaligen Eisenbahn kaum Anstiege und Gefälle gibt, komme ich gut voran. Leider ziehen immer dunklere Wolken auf. Ob die drohenden Gewitter hier wirklich so harmlos bleiben sollen? Ich schaue noch einmal auf meine Wetter App! Entwarnung, es soll weiterhin harmlos bleiben. Auch sagt sie kaum Niederschläge voraus,

Die nächsten wenig anstrengenden Kilometer neben dem tosenden Wildfluss der Ache genieße ich in vollen Zügen. Die Landschaft in dem tief eingeschnittenen Flusstal ist wunderschön und sehr abwechslungsreich.  Aber mittlerweile geht es schon auf 19:00 zu. So stellt sich die Frage, wo ich heute Nacht biwakiere. Es wird nicht einfach sein, in diesem engen und tief eingeschnittenen Tal mit seinen Steilhängen eine passende Stelle zu finden. Etwas flacher ist es hier nur in der Nähe des Ufers. Aber ist es sinnvoll da zu biwakieren, wenn Gewitter drohen? Bei Starkregen könnte ja das Wasser über die Ufern treten. Auf der anderen Seite könnte unterhalb der Steilhänge Wasser von oben kommen und im schlimmsten Fall sogar Steinschlag oder ein Murenabgang.

Das sind keine guten Aussichten. Wenigstens sagt der Wetterbericht keine Unwetterwarnung voraus, obwohl immer finstere Wolken aufziehen.  Sie lassen den Tag zur Nacht werden. Würde der Wetterbericht nichts anderes vorhersagen, wäre es mir mittlerweile in dieser Schlucht sehr bange! An ein Unwetter in der Schlucht will ich gar nicht denken! 

Vielleicht finde ich bei einer der Flussschleifen flaches und dennoch etwas erhöhtes Gelände, wo ich sicher biwakieren kann?

Aber nirgendwo entdecke eine passende Stelle. In meiner Verzweiflung biege ich in ein Seitental links der Ache ab. Aber auch da finde ich nichts. Zwar gibt es da anfangs ein paar flachere Stellen, aber es ist alles mit großen Gesteinsbrocken übersät. Alles schön anzusehen, sieht fast wie ein Märchenwald aus, passt aber überhaupt nicht für einen Übernachtungsplatz!


Ein Stück weiter schaue ich mich am Uferbereich der Ache um. Alles zu nah am Wasser und der Untergrund ist auch  viel zu steinig und holprig. Nach nun schon wieder deutlich über 30 km in den Beinen mache ich mich daher schon auf einen Nachtmarsch mit einigen weiteren Kilometern gefasst.

Fast schon in Egg ziehen in der Finsternis plötzlich heftige Gewitterböen auf. Wie eine undurchdringliche Wand braust der Sturm mit Getöse heran. Die Bäume biegen sich im Sturm in Richtung Boden, Stämme drohen zu brechen, während Zweige und Äste in der Luft herumwirbeln, herumfliegen und krachend neben mir zu Boden fallen. Dazu setzen Blitz und Donner ein. Alle Urgewalten scheinen freien Lauf zu haben. Mir rutscht mein Herz in Richtung Hosentaschen. Ich fühle Urängste. Was, wenn mir jetzt so ein dicker Ast auf den Kopf fällt, geschweige ein ganzer Baumstamm. In Panik renne ich los. Nichts wie weg von all den Bäumen, möglichst zu einem sicheren Ort. Aber wohin?   Weil es keinen anderen Weg gibt, folge ich dem geplanten Fahrweg in Richtung Egg. Notfalls muss ich in Egg Schutz suchen, wenn mich das Gewitter überhaupt noch bis dorthin heil ankommen lässt. 

Zu den tosenden Sturmböen fallen nun auch noch erste dicke Tropfen herunter. Der Sturm bläst sie mir ins Gesicht! Schon wieder blitzt es auf und nur weniger Hundert Meter von hier schlägt er ein. Der Sturm bläst nun von der Seite und  schließlich in den Rücken und treibt mich so voran. 

Was steht denn da im diffusen Restlicht zwischen Sturm, Regenwand und Dunkelheit vor mir? Zuerst kaum erkennbar, aber dann nimmt es Konturen an, ich kann es zuerst gar nicht glauben, aber da steht eine kleine, wenn auch windschiefe Schutzhütte. Sie ist nach vorne hin offen. Ich stürze mich hinein. 

Danke Euch Schutzengeln für diese Rettung in ärgster Not! Kaum bin ich in die Hütte geflüchtet, setzt auch schon der Starkregen ein. Der Himmel hat seine Schleusen geöffnet. Alle Wetterhexen im Umkreis von mindestens 7 Meilen toben sich mit voller Gewalt aus. Noch ganz außer Atem, atme ich auf und lasse alle Spannung und Angst von mir fallen.


Ich inspiziere den Innenraum der Hütte. Neben allerlei Gerümpel befindet sich ein Biertisch und zwei klapprige Bierbänke. Auf der rechten Seite ist die Hütte etwas undicht. Daher setze ich mich auf die linke Bank. Zuerst will ich das weitere Geschehen abwarten, bevor ich mich entscheide, ob ich hier die ganze Nacht verbringe oder mir noch später was anderes zum Pennen suche. 

Das nun folgende Unwetter beantwortet ganz klar die Frage, denn  alle Urgewalten der Natur verweilen hier für längere Zeit und wollen sich über meinem schützenden Dach austoben. Blitz und Donner rücken  mir dabei noch näher auf den Pelz. Die Hütte bietet zwar keine Sicherheit vor den Blitzen, aber wenigstens hält das Dach mir den Wolkenbruch vom Hals. 

„Zong“ und ein greller Blitz! Uff, das war nah. Keine Hundert Meter von hier entfernt schlug der Blitz ein. Zwischen Aufblitzen und den hell klingenden Donner kein Zeitabstand mehr! Das ist gar nicht gut! Und schon folgt der nächste Blitz nun nicht mehr vor mir, sondern etwas seitlich von mir. Hoffentlich geht das gut aus!

Die meisten Blitze schlagen aber auf den Gipfeln über mir ein und das Blitze anziehende Wasser der Ache befindet sich auch nicht direkt neben mir. Der Platz ist wirklich super. Langsam beruhige ich mich. Es schlägt nun auch kein Blitz mehr direkt neben mir ein. Blitz und Donner toben sich aber weiterhin meist über mir aus. Dabei schüttet es weiterhin aus vollen Kübeln.

Ich inspiziere derweil das Innere der Hütte. Wo soll ich mich da nur hinlegen? Die beiden Bierbänke sind einfach zu schmal und zu instabil, um sich darauf zu legen! Soll ich mich auf dem Tisch ausbreiten? Nein der ist  viel zu wackelig und instabil. Unter dem Tisch? Nein, da ist es  schmutzig, steinig und extrem staubig. 

Es bleibt nur der Boden im hintersten Teil der Hütte übrig. Da liegen zwei Bretter quer und allerlei Schottersteine am Boden. Das könnte ungemütlich werden:

Mehr dazu in meinem Buch "Mein Deutschlandlauf 2018 von Mettlach im Saarland bis Berchtesgaden"

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